Zukunft der zahnärztlichen Berufsausübung
Ein Leitbild von Bundeszahnärztekammer, Deutscher Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung
Präambel
Zahnärzte in Deutschland und Europa üben einen freien Beruf aus. Freie Berufe sind wichtiger gesellschaftlicher und ökonomischer Faktor einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, indem sie Verantwortung für die Gesellschaft, Patientinnen und Patienten sowie für sich und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen.
Die wesentlichen Charakteristika und berufspolitischen Weichenstellungen für die Zukunft dieses Berufs werden in diesem Leitbild zusammengefasst.
Freiberuflichkeit
Der Zahnarzt als Freiberufler gewährleistet einen hohen Stand der medizinischen Versorgung in unserem Gesundheitswesen. Dazu sind Rahmenbedingungen erforderlich, die es dem Zahnarzt ermöglichen, Diagnose- und Therapie-entscheidungen nach seinem zahnärztlichen Fachwissen und zum Wohl der Patienten und der Gesellschaft zu treffen. Er benötigt Planungssicherheit und unternehmerische Freiheit. Die Einhaltung ethischer ärztlicher Grundsätze ist dabei eine wesentliche Voraussetzung.
Der Zahnarzt ist eigenverantwortlich und in sachlich-persönlicher Weisungsfreiheit tätig. Diese Weisungsungebundenheit und Entscheidungsfreiheit innerhalb der spezifischen Berufsausübung ist entscheidendes Essential der Freiberuflichkeit und daher eine in den Berufsordnungen manifestierte Berufspflicht. Der Zahnarzt erbringt als Angehöriger eines Freien Berufs „Dienstleistungen höherer Art“, was sich in der Unabhängigkeit der Berufsausübung spiegelt. Auf das „Wie“ der zahnärztlichen Leistungserbringung haben Dritte keinen Einfluss. Dabei ist es nicht relevant, ob die Ausübung der Tätigkeit selbständig oder in einem Angestelltenverhältnis erfolgt. Entscheidend ist, dass die Unabhängigkeit des Zahnarztes im Hinblick auf die Diagnose- und Therapiefreiheit gewahrt bleibt.
Die Berufsausübungsfreiheit ist die Basis seiner zahnärztlichen Tätigkeit. Der Schutz des Vertrauensverhältnisses zu seinen Patienten hat oberste Priorität. Dazu gehören die absolute Verschwiegenheit im Sinne der Wahrung des Berufsgeheimnisses, das Eintreten für das wohlverstandene Interesse der Patienten und das Vermeiden jeglicher Interessenkonflikte. Freiberuflichkeit ist ein Grundwert des zahnärztlichen Berufsstandes. Ein Wert, der nicht Selbstzweck, sondern Herausforderung und Verpflichtung zugleich ist. Freiberuflich tätige Zahnärzte gewährleisten eine qualitativ hochwertige zahnmedizinische Versorgung in Deutschland und stehen als Heilberuf zu ihrer ethischen und sozialen Verantwortung. Therapiefreiheit, Berufsausübungsfreiheit und das Recht der Patienten auf freie Arztwahl sind Eckpfeiler einer flächendeckenden wohnortnahen Versorgung der Menschen in unserer Gesellschaft. Ohne Zweifel ist die Bedeutung der Europäischen Union für die freien Heilberufe und damit auch die Zahnärzte in den vergangenen Jahren ständig gewachsen. Insbesondere gesundheits- und binnenmarktpolitische Weichenstellungen auf europäischer Ebene sowie Vorschläge aus dem Bereich des Arbeits- und Sozialrechts haben erhebliche Auswirkungen auf die zahnärztliche Praxis und das zahnärztliche Berufsbild.
Beispielhaft seien hier die Diskussionen um Mindestdauer und Mindeststandards der zahnmedizinischen Ausbildung und das Verhältnis von Ärzten und Zahnärzten zu sog. Heilhilfsberufen, Fragen der Anwendung des Berufsrechts bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sowie die Überprüfung sämtlicher Berufszugangs- und Berufs-ausübungsregeln im Interesse an mehr Wettbewerb genannt, die das zahnärztliche Berufsbild zukünftig weg vom Ideal der Freiberuflichkeit hin zu mehr Gewerblichkeit prägen können. Trotz dieser zunehmenden Ökonomisierung bleibt der zahnärztliche Beruf ein Heilberuf.
Die Zahnärzteschaft bekennt sich darüber hinaus zum dualen System der Krankenversicherung mit gesetzlicher und privater Krankenversicherung, das zu den besonderen Stärken des deutschen Gesundheitswesens zählt.
Weiterentwicklung des freien Berufs des Zahnarztes
Grundlage für die Weiterentwicklung des freien Berufs des Zahnarztes auf medizinisch-fachlicher Ebene ist ein klares Bekenntnis zu wissenschaftlich fundierten Behandlungsmaximen. Die Weiterentwicklung zahnmedizinischer Therapiealgorithmen erfolgt auf dem Boden einer selbstkritischen Einstellung gegenüber den eigenen Behandlungsergebnissen unter Berücksichtigung ethischer Grundsätze.
Grundlage für die aktive Entwicklung des Berufsstandes ist eine funktionierende
Selbstverwaltung. Die Zahnmedizin ist eine Wissenschaft mit klarem sozialem Gestaltungsbezug. Die Interessen der Zahnärzteschaft können nur unter Beachtung der Gemeinwohlorientierung umgesetzt werden. Dazu ist eine ständig weiter zu entwickelnde und transparente Werteorientierung im Sinne eines kollektiven Selbstverständnisses notwendig. Der Berufsstand muss sich dabei an den Herausforderungen der Gesellschaft orientieren und in Reaktion darauf eigene Handlungskonzepte vorlegen. Freiberuflichkeit in ihrer Umsetzung im Rahmen der Selbstverwaltung ist somit in erster Linie das Tragen von Verantwortung und die Schaffung von Vertrauen in den Berufsstand. Klare Zielorientierungen (Mundgesundheitsziele) und die ständige Evaluierung der Ergebnisse sind ein wichtiger Beleg für die Fortentwicklung des freien Berufs des Zahnarztes.
Die Sicherung der zahnmedizinischen Gesundheitsvorsorge liegt im Interesse
aller Bürger und ist wesentlicher Bestandteil der Gemeinwohlverpflichtung
des Berufsstandes. Die der Allgemeinheit verpflichtete Zahnärzteschaft trägt dafür besondere Sorge. Der Zahnarzt übt seinen Beruf nicht lediglich zum Zwecke des Erwerbs, sondern auch unter dem ethisch/moralischen Gesichtspunkt der Fürsorge für die Gesundheit des Einzelnen wie für die Allgemeinheit, frei von Fremdinteressen aus. Er trifft seine zahnärztlichen Entscheidungen unabhängig von wirtschaftlicher Einflussnahme Dritter. Die Zahnärzteschaft bekennt sich seit Jahren geschlossen und unmissverständlich zu dem Prinzip „Null Toleranz gegenüber korruptivem Verhalten“. Jeder einzelne Fall ist einer zu viel und leistet einer Kultur des Misstrauens Vorschub. Korruptives Verhalten untergräbt das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Zahnarzt. Es ist ureigenste Aufgabe der Zahnärzteschaft, solche Verhaltensweisen aus dem Berufsstand heraus selbst zu bekämpfen. Die Berufsordnungen der (Landes-) Zahnärztekammern sind Ausdruck dieser Gemeinwohlverpflichtung des zahnärztlichen Berufsstandes. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen übernehmen die Gewähr dafür, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Damit gibt sich der zahnärztliche Berufsstand selbst umfängliche Regeln, in denen Gemeinwohlorientierung und ethischer Anspruch Ausdruck der gesellschaftlichen Verantwortung sind.
Qualität
Förderung und Sicherung von Qualität sind wesentliche Voraussetzungen für ein leistungsfähiges Gesundheitssystem. Die Qualitätsförderung ist eine kontinuierliche innerprofessionelle und dem Gemeinwohl verpflichtete Aufgabe der Zahnärzteschaft. Als freier Beruf konzipiert und fördert die Zahnärzteschaft eigenständig Konzepte zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen Versorgung.
Eine hohe Qualität auf der Basis einer umfassenden Ausbildung und lebenslangen Fortbildung sowie die persönliche Integrität und fachliche Unabhängigkeit sind wesentliche Merkmale des freien Berufs des Zahnarztes. Die Zahnärzteschaft legt besonderen Wert darauf, dass Patient und Zahnarzt sich in einem partnerschaftlichen Verhältnis gegenüberstehen und ihre jeweilige Verantwortung für eine qualitativ hochwertige Versorgung wahrnehmen. Diesem Ziel dient auch die Patientenberatung durch Kammern und KZVen und das Zweitmeinungsmodell. Zugleich ist die Sicherung und Förderung von Qualität eine Kernaufgabe des gesamten Berufsstands wie auch des einzelnen Zahnarztes.
Die Qualität der Leistungserbringung wird durch hohe Anforderungen an die Aus-, Fort- und Weiterbildung des Zahnarztes und durch ein System der kollegialen Selbstkontrolle sichergestellt. Das Gutachterverfahren stellt dabei ein anerkanntes Instrument der Qualitätssicherung in der zahnmedizinischen Versorgung dar. Die präventive Ausrichtung ist der Kernbeitrag zahnmedizinischen Handelns zur Qualitätsförderung. Ziel ist der Erhalt bzw. die Verbesserung der Mundgesundheit von Geburt an bis ins hohe Alter. Denn die Verbesserung der Mundgesundheit trägt unmittelbar zur Verbesserung der Allgemeingesundheit und damit der Lebensqualität bei.
Die Leistungen des Zahnarztes sind nicht oder nur in sehr begrenztem Umfang und unter engen Voraussetzungen an geringer Qualifizierte delegierbar. Der Zahnarzt erfüllt seine Leistung in eigener Person und arbeitet eigenverantwortlich. Dies zeigt sich in der Diagnose- und Therapiefreiheit und damit in der eigenverantwortlichen und unabhängigen Entscheidung des Zahnarztes zum Wohle des Patienten, für die der Zahnarzt die volle Verantwortung trägt. Dabei bindet sich der Zahnarzt durch eigene Willensentscheidung an öffentlich-rechtliche Pflichten und übernimmt damit Verantwortung für die gesellschaftlichen Herausforderungen. Er erfüllt wichtige Aufgaben mit Gemeinwohlbezug. Er ist kein Amtsträger und kein Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen. Er ist wichtiger Teil des Mittelstands und sorgt für Wachstum, Ausbildung und Beschäftigung in Deutschland. Die Qualitätsförderung bedarf angemessener personeller und organisatorischer Strukturen sowie einer entsprechenden Vergütung. Die Rationierung von Mitteln ist der Qualitätsförderung abträglich. Konzepte, die eine Verbesserung der Qualität der Versorgung mithilfe finanzieller Anreize ermöglichen sollen, sind der falsche Weg.
Ausbildung
Im Rahmen der dringend anstehenden Umsetzung der neuen Approbationsordnung Zahnmedizin kommt eine dem bio-psycho-sozialen Krankheitsverständnis auch in der Zahnmedizin folgende verstärkte medizinische Orientierung zum Ausdruck. Dies nach einem einheitlichen, transparenten, strukturierten und an den Herausforderungen orientierten Ausbildungskatalog mit einheitlichen Lernzielen. Damit erfolgt eine Gewährleistung auf nationaler Ebene vergleichbaren Ausbildungsniveaus in Deutschland. Der mögliche Einbezug von Ausbildungspraxen ermöglicht eine stärkere versorgungsbezogene und praktisch orientierte Ausbildung. Dabei sollen die Lehrpraxen in die elektive Lehre eingebunden werden.
Ziel der Ausbildung ist die Verankerung einer medizinisch-wissenschaftlichen Denk- und Handlungsweise, deren oberstes Ziel die wissenschaftlich fundierte, an der bestmöglichen Evidenz ausgerichtete, ethisch reflektierte und empathische Behandlung zahnmedizinischer Krankheitsbilder ist.
Die Zahnärztliche Ausbildung gewährleistet einen theoretisch-wissenschaftlich und praktisch ausgebildeten Zahnarzt, der zur eigenverantwortlichen und selbständigen Ausübung der Zahnheilkunde befähigt ist. Die Ausbildung vermittelt grundlegende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in allen Fächern, die für die zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung erforderlich sind. Die Ausbildung zum Zahnarzt erfolgt sowohl theoretisch-wissenschaftlich als auch klinisch-praktisch stets unter Wahrung absoluter Integrität seitens der Ausbildungsstätten und ihren Dozentinnen und Dozenten (Null-Toleranz gegenüber Interessenskonflikten). Dabei werden bevölkerungs-, praxisund patientenbezogene Gesichtspunkte berücksichtigt. Dieses – durch stetige Fortbildung gesicherte und ständig erweiterte – Kompetenzniveau garantiert ein hohes Maß an Professionalität bei der zahnmedizinischen Beratung, Behandlung und Betreuung der Patienten. Die sozioepidemiologische Forschung zur Mundgesundheit und Gesundheit der gesamten Bevölkerung sowie die Wahrnehmung gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse werden von der Zahnärzteschaft zu einer aktiven Entwicklung des freien Berufes des Zahnarztes und zur Entwicklung bedarfsgerechter Versorgungskonzepte genutzt.
Fort- und Weiterbildung
Durch die effektive und strukturierte Nutzung der zahnmedizinischen Vorbereitungszeit ist eine Vertiefung der theoretischen Ausbildungsinhalte unter den Bedingungen des Versorgungsalltags möglich. Die Supervision in der Versorgungspraxis wird mit weiteren theoretischen Fortbildungsinhalten, angeboten durch die Selbstverwaltung, aufbauend auf die Ausbildungsinhalte der Berufskundevorlesung während des Studiums kombiniert.
Neben fachlichen Aspekten sind sozialrechtliche und die unmittelbare Berufsausübung betreffende Inhalte bzw. die Vorbereitung auf die Niederlassung oder weitere Berufsausübungsformen Gegenstand der Fortbildungsmöglichkeiten. Einheitliche Inhalte gilt es durch die Selbstverwaltung zu beschreiben und zu organisieren. Im Rahmen der Weiterbildung übernehmen die Zahnärztekammern hoheitliche Aufgaben, die im Rahmen eines ständigen Weiterentwicklungsprozesses der Weiterbildungsordnungen sowohl fachlich als auch organisatorisch an die Herausforderungen angepasst werden.
Auch im Rahmen der Fort- und Weiterbildung wird der Kodex der interessenskonfliktfreien Vermittlung von Ausund Weiterbildungsinhalten sowie
von ethisch-moralischen Werten eingehalten.
Selbstverwaltung als Ausdruck funktionierender Eigenverantwortung
Die Selbstverwaltung freier Berufe und im speziellen der Ärzte und Zahnärzte ist Ausdruck historisch gewachsener Strukturen, in denen die Berufsgruppen aufgrund ihrer speziellen Sachkenntnis und zur Entlastung des Staates dezentral und mit gesetzlich übertragenen Kompetenzen öffentliche Angelegenheiten wahrnehmen. Dabei lässt sich der Zahnarzt von seinem Berufsethos leiten, der moralische Standards für die freiberufliche Berufsausübung umfasst. Dies unterscheidet ihn wesentlich von rein kommerziellen und gewerblichen Dienstleistern.
Die den Selbstverwaltungskörperschaften übertragenen Kompetenzen beinhalten, eng miteinander verzahnt, Rechte und Pflichten. So geht das Recht zur Gestaltung des eigenen Berufsrechts mit der Verpflichtung einher, die Einhaltung des Berufsrechts zu überwachen. Das Recht zur Gestaltung der vertragszahnärztlichen Rahmenbedingungen der KZVen geht einher mit der Überwachung der Einhaltung vertragszahnärztlicher Pflichten. Garant dieser effektiven Selbstkontrolle ist die (Pflicht-)Mitgliedschaft in den Körperschaften der Selbstverwaltung.
Herausgeber:
Bundeszahnärztekammer
Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e. V. (BZÄK)
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E-Mail: info@bzaek.de | www.bzaek.de
Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e. V. (DGZMK)
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Telefon: +49 2 11 61 01 98-0 | Fax: +49 2 11 61 01 98-11
E-Mail: dgzmk@dgzmk.de | www.dgzmk.de
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV)
Universitätsstraße 73 | 50931 Köln
Telefon: +49 221 4001-0 | Fax: +49 221 4040-35
E-Mail: post@kzbv.de | www.kzbv.de
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